Aplastar mosquitos y lamer sapos
Estudiantes tras las huellas de Humboldt en Venezuela
Die Hochschule für Künste im Sozialen, Ottersberg organisiert unter der Leitung des im Studiengang Freie Kunst lehrenden Professors Michael Dörner, ein drei Trimester umfassendes Projekt in Kooperation mit der Universidad del Zulia - FEDA (La Facultad Experimental del Arte) in Maracaibo und dem dort lehrenden Professor Luis Gómez.
Das Projekt ist in folgende Teile gegliedert:
Das Kulturfestival „Velada Santa Lucia“ geht auf eine Initiative der in Hamburg lebenden venezuelanischen Künstlerin Clemencia Labin zurück. In ihrer Heimatstadt Maracaibo kaufte sie eines der vielen kleine bunten Häuser in den alten Vierteln Maracaibos. Sie renovierte es und eröffnete ihr kleines museales Haus mit einer Ausstellung und Performances im Jahre 2001. Die ganze Straße war eingeladen und feierte mit. Daher auch der Name „Velada Santa Lucia“.
In den folgenden Jahren konnte Clemencia Labin auch noch andere Bewohner der Häuser in ihrer Straße für ihre Idee gewinnen. Sie lud internationale Künstler und Kuratoren ein, die sich für eine Woche dort aufhalten, ihre Projekte und Installationen entwickeln und ausstellen konnten.
Am Freitag, Samstag und Sonntag in dieser Woche der Kunst kommen die Besucher aus der ganzen Stadt und Umgebung, um die Bilder, Videos und Installationen der Künstler in den Häusern, der in dieser Straße lebenden ‚Maracuchos’, zu bewundern.
Mittlerweile zeigen an dieser jedes Jahr stattfindenden Ausstellung hunderte von Künstlern ihre Werke. Durch die Teilnahme von Künstlern aus Europa, USA und Südamerika, aber auch durch Clemencia Labins Vernetzung in Deutschland, wurde die Velada Santa Lucia zu einem über Venezuelas Grenzen hinaus international geschätzen Kulturfestival.
Michael Dörner hat schon einmal 2007 als Kurator und Künstler an dieser Ausstellung teilgenommen und ist mit den Umständen und Gegebenheiten bestens vertraut.
Seit 2008 lehrt Professor Michael Dörner im Studiengang Freie Kunst an der Hochschule für Künste im Sozialen, Ottersberg. Clemencia Labin hat ihn und seine Klasse nun für die 10. Velada Santa Lucia erneut eingeladen. In Zusammenarbeit mit Studenten der Klasse des Professors Luis Gómez der Universität in Maracaibo werden die Studierenden ihre Erfahrungen und Erlebnisse austauschen und künstlerisch umsetzen. In Folge dessen ist ein äußerst spannender interkultureller Austausch und eine entwicklungsfähige Zusammenarbeit auf längere Sicht hinaus mit Sicherheit zu erwarten.
2009 jährte sich der Todestag Alexander von Humboldts zum 150. mal. Seine Forschungsreisen nach Südamerika gehören zu seinen bekannesten. Zwischen 1799 und 1804 reiste Alexander von Humboldt gemeinsam mit dem französischen Botaniker Bonpland unter anderem nach Venezuela und fuhr mit einer Piroge zunächst den Apure und anschließend den Orinoko flussabwärts. Er sammelte und zeichnete Pflanzen und Tiere auf seiner Reise. Er schrieb und forschte. Bis heute sind seine Aufzeichnungen von unschätzbarem Wert. Er war ein disziplinübergreifender Querdenker – sowohl in Geologie, Botanik, Anatomie, Mathematik, Zoologie oder Philologie bewandert. Er war offen für alles Neue, was auf ihn zukam. Bildung bedeutete für ihn nicht das Anhäufen von Wissen, sondern die Fähigkeit zum Zusammenfügen. Was heute unter Kompetenzbildung verstanden wird, hat er vor 200 Jahren schon vorgemacht. Ob Darwin, Goethe oder Schiller, sie alle schätzten ihn als äußerst gebildeten geistreichen und unterhaltsamen Zeitgenossen.
Kunst und Wissenschaft sollten keine leeren Begriffshüllen sein. Nicht nur in den letzten Jahren taucht diese Verbindung in der aktuellen Kunstszene gehäuft auf. Seit Ende des letzten Jahrhunderts interessieren sich viele Künstlerinnen und Künstler erneut für die Naturwissenschaften. „Sie botanisieren Pflanzen, typisieren Kuhflecken, bauen Beobachtungsstationen für Insekten, versuchen in offenen Laborsituationen mit Fröschen zu kommunizieren oder bei Probanden in Experimentalanordnungen Glücksgefühle zu erwecken. Sie bedienen sich des Wissenschaftsjargons, wissenschaftlicher Illustrationsformen und schaffen eigenwillige Modelle“, wie es in dem kürzlich erschienenen Ausstellungskatalog der Ausstellung: „Say it isn’t so“ des Bremer Museums Weserburg hies.
Die Verbindung von Kunst und Wissenschaft soll auf dieser Reise nach Venezuela hautnah erlebbar und nachvollzogen werden können. Eine Verbindung, die nicht in der Nachahmung und Übertragung von Methoden und Erkenntnisprozessen, sondern in der Dialektik ihren Reiz sieht.
Spannend könnten in diesem Zusammenhang auch Untersuchungen über bildhaftes Denken bei Wissenschaftlern sein (gesehen haben wir u.a. schon die bekannte Zeichnung, des Querschnittes durch die Anden von A.Humboldt im Kupferstichkabinett Hamburg). Eine Fülle von neuen Vorstellungsbildern rund um den Kosmos kommen schließlich aus den Naturwissenschaften. Ganz neue Vorstellungen sind z.B. durch mikrophysikalische Aufnahmen im Körper oder von Pflanzen entstanden. Viele der Bilder üben eine große Anziehungskraft aus und besitzen imaginative Kräfte.
Die alte Vorstellung, nur der Kunst imaginative Kräfte und der Wissenschaft nur Rationalität zuzusprechen, ist heute nicht mehr tragfähig.
„Umgekehrt entwickeln Künstlerinnen und Künstler Haltungen, in denen Kunst im Sinne eines Experimentalsystems verstanden wird und nicht mehr allein auf ästhetische Produktion aus ist. Auch Kunst zielt auf Erfahrungen und Erkenntnisse, welche über das bislang Gewusste hinausgehen..“ heißt es in dem oben genannten Katalog weiter.
Es ist geplant ein Woche vor der Teilnahme an der „Velada Santa Lucia“ eine dreitägige Exkursion durchzuführen. Wir wollen uns mit den ökologischen und ökonomischen Problemen wie Klimawandel, Urwaldrodung, Energiewirtschaft genauso auseinandersetzen, wie mit den künstlerischen, wissenschaftlichen und enthnologischen Fragestellungen.
Was auch immer die Recherchen auf Humboldts Spuren ergeben, sie werden aufgezeichnet, gesammelt, gefilmt oder fotografiert und „künstlerisch“ umgesetzt.
So hoffen wir mit unserer Projektarbeit einen Diskurs anzuregen, wie zeitgenössiche Kunststudentinnen und –Studenten aus beiden Ländern von ihren eigenen, bisweilen kritischen Standpunkten aus diese Probleme und Erkenntnisse reflektieren und transformieren.
Der Künstler Lothar Baumgarten lebte 1978 für ein Jahr in Venezuela beim Stamm der Yanomami Indianer. Zahlreiche Fotos, die er dort machte wurden auf der Documenta 10 in Kassel 1997 gezeigt. Diese Fotos eine Art privates Tagebuch sind eine Variante der künstlerischen Möglichkeiten mit dem Umgang des Eintauchens in eine andere Welt des Fremden.
Nicht nur die einheimischen Indianer, auch die Tropen an sich, die Natur und das Klima sind uns dermaßen fremd, so dass eine fundierte Vor- und Nachbereitung der kulturellen und künstlerischen Unterschiede notwendig sein wird.
Letzendlich soll das ganze gemeinsame deutsch – venezuelanische Projekt in einer abschließenden Dokumentation zusammengefasst und veröffentlicht werden.
Eine Ausstellung zeigt einige Ergebnisse sicherlich schon in Maracaibo, aber letztendlich als ganzheitliches Kunst-Forschungs-Projekt in der Kunsthalle Faust in Hannover im Sommer 2010.
Ein umgekehrter Austausch mit Kunststudenten/innen der Universität - La Facultad Experimental de Arte (FEDA) in Maracaibo wäre wünschenswert.
In jedem Fall werden die gemeinsam entwickelten Arbeiten aus dem Projekt in Maracaibo in einer Ausstellung in der Kunsthalle Faut in Hannover im Juni und Juli 2010 gezeigt werden.
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